Gesüßtes Bier, eine verpfändete Burg und ein aufstrebender Markt

Was das bayrische Reinheitsgebot, der Geldmangel des Kaisers und der Reserlmarkt miteinander zu tun haben.

Zucker im Bier – pfui Deibel, das hält kein Bayer aus: In den 5oer Jahren des vorigen Jahrhundert war’s, als Bayerns Brauereien und mit ihnen die bayrischen Zeitungen auf die Barrikaden stiegen, um die Einfuhr von sogenannten „Süßbier“ zu verhindern. Im Grunde ging es um die steigenden Importe zuckerhaltiger Biere aus den anderen Bundesländern, die den bayrischen Brauern die Zornesröte ins Gesicht trieben und sie reihenweise vor den Kadi ziehen ließen. Hopfen, Malz, Hefe und Wasser – mehr darf in ein Bier nicht rein – so sagt’s das bayrische Reinheitsgebot, hieß es.

Bauernschlau wie sie nun einmal sind, beriefen sich die findigen Bayern dabei auf die bayrische Landesverordnung aus dem Jahr 1516. Erlassen von Herzog Wilhelm IV. und Ludwig X. von Bayern regelt diese unter anderem auch den Preis und die Inhaltsstoffen von Bier. Eine Textpassage aus dieser Verordnung wurde dann flugs zum „bayrischen Reinheitsgebot“ ernannt.

Du, glückliches Österreich heirate. Unweit der bayrischen Landesgrenze – genauer gesagt im Tiroler Ort Innsbruck – residierte mitunter jener Mann, von dem der zweite Teil dieser Geschichte handelt. Er galt nicht nur als letzter Ritter sondern, war wohl auch der erfolgreichste Vertreter jener Politik mit der die Habsburger aus dem einst kleinen Herzogtum Österreich im Laufe der Jahrhunderte eine Großmacht formten: „Bella gerant alii, tu felix Austria nube.“ – Zu deutsch: „Kriege führen mögen andere, du, glückliches Österreich, heirate.“

Maximilian I., so sein Name, verheiratete nicht nur seine Tochter Margarete mit dem spanischen Thronfolger Juan, sondern auch gleich seinen Sohn Philipp I., später der Schöne genannt, mit der Schwester von Juan, die originellerweise den Name Juana trug – zu deutsch: Johanna. Später wurde ihr dann von der Nachwelt noch der wenig schmeichelhafte Beiname  „die Wahnsinnige“ verliehen. Ob sie es tatsächlich war oder nicht, darüber streiten sich noch heute die Forscher. Dem vorgenannten Habsburger Philipp wär’s wohl Recht gewesen, denn er ersuchte die spanischen Adeligen seine Frau für geisteskrank erklären zu lassen, um allein die Macht am spanischen Hof zu übernehmen. Den Gefallen taten ihm die Spanier aber nicht und so huldigten die Adeligen am 12. Juli 1506 Johanna als Königin und ihm als ihrem Gemahl – „als echtem und legitimen Herrn“- wie es so schön hieß. Zwei Monate später starb er dann. An Philips Tod, oder besser an seinen Leichnam knüpft sich dann auch noch jene Mär, die seiner Gemahlin den wenig schmeichelhaften Beinamen eingetragen hat. Laut verschiedenen Zeitgenossen soll sich geweigert haben, den Sarg mit seinem Leichnam herauszugeben. Der angebliche Grund: Sie soll den Sarg regelmäßig geöffnet haben um sich zu vergewissern, dass ihr Mann lediglich schläft. Anderen Quellen zu Folge soll sie es allerdings nur einmal getan haben. Und das auch nur um – man möchte fast sagen – vorschriftsmäßig zu kontrollieren, dass im Sarg auch tatsächlich der richtige Leichnam liegt.

501 Jahre Reserlmarkt. Doch nun genug des Ausflugs in weit entfernte Gefilde und rasch noch einmal zu jenem Mann, der den Neulengbachern den weithin bekannten „Reserlmarkt“ bescherte. Eben jener, zuvor erwähnte Maximilian der Erste war es, der 1516 eine Urkunde unterzeichnete, die bis in unsere Zeit hinüberwirkt. Exakt 1516 war es, als der Kaiser den Neulengbachern das Recht verbriefte zweimal im Jahr einen Jahrmarkt abzuhalten. Nach den Wirren des Jahres 1529, als die osmanischen Heerscharen erstmals bis vor die Tore Wiens vordrangen, wurde dieses Recht 1535 erneuert. Die Tradition des Reserlmarktes reicht also, wenn man so will, bis ins Jahr 1516 zurück.

Mit Maximilian I verbindet die Neulengbacher aber nicht nur der Reserlmarkt. Er war es auch, der – ständig in Geldnot steckend – die Burg Neulengbach an Kaspar von Volckenstorff „würklicher Land-Marschalch von Oesterreich unter der Ennß“ verpfändete. Das allerdings steht auf einem anderen Blatt und geschah ja schon fünf Jahre  früher, als vom bayrischen Reinheitsgebot noch lange keine Rede war …

 

P.S.: Mehr zu Johanna der Wahnsinnigen und den österreichisch-spanischen Verwicklungen können Sie – bei Interesse – hier nachlesen: Johanna I. von Kastilien, genannt Johanna die Wahnsinnige und mehr zum letzten Ritter finden Sie hier: Maximilian I., Erzherzog aus dem Haus Habsburg, Herzog von Burgund, römisch-deutscher König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches …